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Kein Bundeszwang für Mehrwertabgaben bei Aufzonungen

14.09.2023

Der HEV Schweiz begrüsst, dass der Ständerat im Rahmen der Revision des Raumplanungsgesetzes verdeutlichen will, dass der Bund – anders als bei Einzonungen von Bauland – keine Pflicht zur Erhebung von Mehrwertabgaben bei Auf- oder Umzonungen innerhalb des Baugebiets auferlegt. Diese Klärung war dringend nötig, weil das Bundesgericht in einem neuen Urteil das Gesetz entgegen dem Willen des Bundesgesetzgebers interpretierte und den Kantonen und Gemeinden eine solche Pflicht auferlegen wollte.

Mit der ersten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG1) im Jahr 2012 hatte der Gesetzgeber eine Ergänzung von Art. 5 RPG betreffend Ausgleich planerischer Mehrwerte vorgenommen. Der vorbestehende allgemeine Grundsatz, welcher den Ausgleich bzw. die Entschädigung von erheblichen planerischen Mehr- und Minderwerten vorschreibt, wurde durch einen neuen Absatz ergänzt und konkretisiert. Die Ergänzung verpflichtete die Kantone, bei Neueinzonungen eine Abgabe von mindestens 20% des Mehrwertes zu erheben. Bei Auf- und Umzonungen hingegen wurde bewusst auf eine Bundespflicht verzichtet. Damit dem Grundsatz der baulichen Verdichtung zum Erfolg verholfen werden kann, müssen Um- oder Aufzonungen ohne Mehrwertabgabe erfolgen können.

Ständerat schafft Klarheit

Mit einem neuen Entscheid zur Mehrwertabgabe hat das Bundesgericht für erhebliche Rechtsunsicherheit gesorgt. Das Gericht hat bezüglich der Berner Gemeinde Meikirch geurteilt, dass die Regelung einer Gemeinde oder eines Kantons, welche für Auf- oder Umzonungen keine Mehrwertabgabe vorsieht, bundesrechtswidrig ist. Diese Interpretation des Bundesgerichts widerspricht jedoch dem klaren Willen des Gesetzgebers, wie er in den Gesetzesmaterialien festgehalten ist. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zeigt sich umso bedenklicher, als die Regelung im Raumplanungsgesetz, wonach die Kantone nur im Fall von Neueinzonungen zur Erhebung einer Mehrwertabgabe gezwungen sind, vom Stimmvolk in einer Volksabstimmung 2013 bestätigt wurde.

Der Bundesgerichtsentscheid stiess denn auch in der Rechtslehre auf grossen Widerstand. Es gilt in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass planerische Minderwerte durch Abzonungen sowie Umzonungen von «altrechtlichen» Bauzonen in Nichtbauzonen von den Eigentümern weitgehend entschädigungslos akzeptiert werden müssen.

Der HEV Schweiz ist daher sehr erfreut, dass der Ständerat als Folge des Bundesgerichtsentscheides im Rahmen der aktuellen 2. Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes eine Ergänzung zur Klarstellung ins Gesetz aufgenommen hat. Diese Ergänzung macht klar, dass der Bundesgesetzgeber den Kantonen die Erhebung einer Mehrwertabgabe nur bei Neueinzonungen vorschreibt, nicht aber bei Auf- und Umzonungen. Damit wird die innere Verdichtung gefördert und der Planungshoheit der Kantone für das Bauen ausserhalb der Kantone Rechnung getragen. Der HEV Schweiz begrüsst diese Klärung. Es wird Rechtssicherheit geschaffen und dem ursprünglichen Willen des Bundesgesetzgebers zur letzten Revision des Raumplanungsgesetzes – notabene bestätigt vom Stimmvolk – Rechnung getragen.

Kantone sind gemäss Bundesverfassung für Raumplanung zuständig

Der Nationalrat hat diese Regelung im Grundsatz bestätigt. Er hat die klare kantonale Regungskompetenz jedoch durch eine weitere Ergänzung zunichte gemacht: Wenn das kantonale Recht die Erhebung der Mehrwertabgabe bei Auf- und Umzonungen ausdrücklich ausschliesst, können die Gemeinden das kantonale Recht übersteuern und eigene Regelungen schaffen. Damit desavouiert der Nationalrat die kantonale Kompetenz in der Raumplanung. Das wäre verfassungswidrig, wie dies im Ständerat dargelegt wurde. Gemäss Verfassung sind die Kantone zuständig für die Raumplanung. Der Ständerat hat die Regelung für einen kommunalen Widerspruch zum kantonalen Recht daher klar abgelehnt. Der HEV Schweiz setzt sich dafür ein, dass der Nationalrat den Zusatz ebenfalls streichen wird.